Vielseitigkeit zum Geburtstag
Dreistündiges Jubiläumskonzert zum 80. Geburtstag des 1. Offenburger Akkordeonorchesters
Tastenakrobatik, Emotionen und professionelle Spielfreude: Zu ihrem 80 Geburtstag schenkte das 1. Offenburger Akkordeonorchester 1937 seinen Konzertbesuchern zum Jubiläumskonzert einen ganz besonderen Konzertabend. Musikalisch gratulierte beim Doppelkonzert das Bezirksorchester unter der Leitung von Patric Jockers.
Wer bisher dachte, alle Raffinessen, die man aus einem Akkordeon herausbringen kann, schon mal gehört zu haben, der wurde am Sonntagabend beim Jubiläumskonzert des 1. Offenburger Akkordeonorchesters 1937 wahrlich eines Besseren belehrt. Außer Klavier oder Keyboard ist wohl kein Instrument so vielseitig wie das Akkordeon. 1937 wurde das 1. Offenburger Akkordeonorchester gegründet. Zum 80. Geburtstag präsentierten sich die 23 Orchestermitglieder unter der Leitung von Peter Kounis am Sonntagabend im bis auf den letzten Platz besetzten Veranstaltungsaal der Freien Waldorf-Schule mit einem ganz besonderen Wunschkonzert. "Heute wollen wir die Wünsche der Orchestermitglieder erfüllen", leitete der Conférencier Philipp Hansert in das fast dreistündige Konzerterlebnis ein. Unterhaltungsmusik von Klassik bis Moderne gehört zum Repertoire des Orchesters. "Allerdings gibt es Werke, die von einem durch Laien besetzten Orchester nur sehr schwer oder gar nicht zu spielen sind", erklärte Hansert. Deshalb steht seit Jahren auf der Wunschliste des Ensembles, das Bezirksorchester des DHV-Bezirk Ortenau einmal beim eigenen Jahreskonzert zu hören.
Zum 80. Geburtstag hatte es nun geklappt. Orchesterleiter Patric Jockers bestritt mit seinem Bezirksorchester den ersten Programmteil des musikalisch abwechslungsreichen Konzertabends. Und sie holten aus ihrem Instrument tatsächlich alles heraus, was geht, wie das überwiegend aus Orchesterleitern und Musiklehrern bestehende Ensemble beim musikalischen Hörbild "Tetraeder" zeigte. Bei diesem akustischen Rundgang durch ein architektonisches Meisterstück geben die Akkordeonisten jeden Schritt, jeden Eindruck und jeden Ausbilck wieder. Man konnte sich das Treppensteigen und die erstaunten Besucherblicke perfekt vor Augen führen, so exzellent wurde dieses moderne, speziell für Akkordeonorchester geschriebene Werk live auf der Bühne umgesetzt. Wahre Fingerakrobatik auf den Tastaturen konnte man beim finalen Tanz aus dem Ballettwerk "Estancia" von Ginastera beobachten. Südamerikanische Tanzrhythmen wurden vom Bezirksorchester genauso exzellent mit Akkordeon und Schlagwerk umgesetzt wie das musikalische Scherzstück "Perpetuum mobile" von Johann Strauß dem Jüngeren. Gewaltig war die Ouvertüre aus dem Zigeunerbaron, imposant die verschiedenen launigen Variationen des Volkslieds "Komm lieber Mai " von Mozart. Was normalerweise Aufgabe der Streicher oder Bläser ist, wurde für Akkordeonorchester arrangiert und musikalisch umgesetzt.
Den direkten Vergleich mit den Profis brauchte allerdings das Offenburger Orchester nicht zu scheuen, wie der zweite Part des Abends unter Beweis stellte. 246 Konzertstücke hat das 1. Offenburger Akkordeonorchester in seinem Repertoire. Als Geburtstagsgeschenk durften die jeweiligen Orchesterstimmen sich aus dem Programm der vergangenen zehn Jahre ihr Lieblingswerk heraussuchen.
Klassik war der Wunsch von Orchesterchef Kounis mit der Ouvertüre aus "Orpheus in der Unterwelt" von Jacques Offenbach. Nicht nur das Finale des Werks mit dem bekannten French Cancan wurde perfekt umgesetzt, sondern auch die vorherigen Takte. Wahre Fingerfertigkeit bewiesen die Musiker bei "La Storia" von Jan des Haan. "La Storia" heißt die Geschichte, und auch das Orchester hat eine lange Geschichte", erklärte Hansert.
80 Jahre - das bedeutet auch langjährige Verbundenheit der Musiker über Generationen hinweg zu ihrem Orchester. "Und ohne Hannelore Chenevoy, die über Jahrzehnte hinweg zusammen mit ihrem Mann Jean unser Orchester führte, säßen wir heute alle hier nicht auf der Bühne", brachte es Hansert auf den Punkt beim Blick auf das sichtlich gerührte Ehrenmiglied des Akkordeonorchesters.
Das Ensemble kann natürlich auch Schlager und Filmhits, wie die beiden nachfolgenden Potpourris "Udo Jürgens in Concert" und "Pirates of the Caribbean" eindrucksvoll unter Beweis stellten. Fazit der Besucher: Begeisterung und gebührende Beifallsbekundungen. Mit dem Akkordeonorchester-Klassiker "Erinnerung an Zirkus Renz" schloss der offizielle Part des Konzertabends. Allerdings wollten die Zuhörer die Musiker noch nicht von der Bühne lassen, und so gab es gleich mehrere Zugaben, bevor ein unvergessliches Jubiläumskonzert zu Ende ging.
Offenburger Tageblatt, 06.12.2017, Volker Gegg
Traudl Müller ist seit 70 Jahren dabei
Traudl Müller ist seit 70 Jahren aktives Mitglied im 1. Offenburger Akkordeonorchester 1937. Dafür wurde sie beim Jubiläumskonzert geehrt. Dirigent Peter Kounis wurde für 20 Jahre ausgezeichnet.
Das Jubiläumskonzert des 1. Offenburger Akkordeonorchester 1937 am Sonntag in der Freien Waldorfschule war für Traudl Müller ein ganz besonderes Erlebnis. Seit 70 Jahren ist die Akkordeonistin im Orchester aktiv. Sämtliche Jahreskonzerte hat die heutige Seniorin absolviert, fast kein Probeabend wurde versäumt. Drei Dirigenten hat Müller in den vergangenen sieben Jahrezehnten erlebt.
Zwar ist die Offenburgerin kein Gründungsmitglied des 80 Jahre allten Orchesters, aber eine der dienstältesten Akkordeonistinnen in Baden-Württemberg. Als Dank wurde Müller bereits beim Bezirksehrentag der Akkordeonorchester mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet, und beim Jahreskonzert gab es nochmals kräftigen Applaus für Müllers musikalisches Engagement in den vergangenen sieben Jahrzehnten.
Orchestersprecher Matthias Buggle lobte zum Finale des Jubiläumskonzerts auch Orchesterleiter Peter Kounis. Seit über 18 Jahren führt er musikalisch das Akkordeonorchester und seit 20 Jahren engagiert sicher der Musiker als Dirigent im Bezirksverband.
Offenburger Tageblatt, 08.12.2017, VG